Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen zu Gast in Nordfriesland
Von sichtbaren und unsichtbaren Schulden
Zur wirtschaftlichen Situation in Gegenwart und Zukunft referierte auf Einladung der Kreishandwerkerschaften Nordfriesland Nord und Süd Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen.
Raffelhüschen, Lehrstuhlinhaber der Universitäten Freiburg und Bergen/Norwegen und bundesweit anerkannter Fachmann, referierte zum Thema „Staatsverschuldung, Inflation und Niedrigzins: Ein Sprengsatz für Wirtschaft und Soziales auf!“ Themen, über die er schon in den Vorjahren regelmäßig vor Vertretern aus Handwerk, Verwaltung und Politik sprach.
Nach dreijähriger, Corona bedingter Vortragspause gab es nun ein Wiedersehen. Im Handwerkerhaus in Husum sprach Raffelhüschen diesmal vor knapp 100 Gästen. In gewohnt locker humorvoller Weise präsentierte Raffelhüschen einmal mehr Fakten zur finanziellen Situation der Bundesrepublik. Fakten, die einem so nicht bewusst sind und so auch nicht offen kommuniziert werden. Die öffentlich kolportierten 2,4 Billionen € - Staatsschuld sei nämlich bei Weitem nicht der tatsächliche Schuldenstand. „Darlehen, die nicht als Schulden verbucht werden, und mit neuen Worten wie `Sondervermögen` werden Schulden kaschiert“, so Raffelhüschen.
Er zählte auf, wie die Bundesrepublik aber auch die einzelnen Bundesländer mit Sondervermögen arbeiten würden, und wie vor allem die Gas- und Strompreisbremse aber auch die Corona-Maßnahmen der letzten Jahren Schulden in mittlerer dreistelliger Milliardenhöhe produziert hätten.
Bezahlt würden die Schulden der öffentlichen Hand mit Bundesobligationen und Landesschuldverschreibungen, was unter dem Strich auch zu einer Versechsfachung der Bargeldmenge in der Zeit von 2011 bis 2022 geführt habe. Gemäß dem Motto: „Wir haben kein Geld. Also drucken wir welches“ (Raffelhüschen). Die Inflation sei deshalb gar nicht mal so überraschend. Dieses Geld wieder aus dem Verkehr zu ziehen, sei aber nicht so einfach. Es sei eine deutliche Zinserhöhung erforderlich, verbunden mit der Gefahr einer starken Rezession.
Die häufig kommunizierte Niedrigzins-Phase wollte Raffelhüschen auch nicht so stehen lassen. „Das stimmt nur für Anleihen. Für Aktien und Immobilien lag die reale Rendite in den letzten Jahren bei durchschnittlich bei 4,5 bis 5 Prozent.“
Zuletzt warf Raffelhüschen auch noch einmal einen Blick auf die Entwicklung der Sozialversicherungen. Auch hier verortete er eine Fehlentwicklung. Angesichts eines durchschnittlichen Renteneintrittsalters von 62 Jahren forderte Raffelhüschen politisch gegenzusteuern. „Wenn wir dieses Alter auf durchschnittlich 64 Jahre erhöhen würden, gäbe es keinen Fachkräftemangel und deutlich weniger Altersarmut.“ Den Weg von Sozialminister Hubertus Heil, das Rentenniveau und den Rentenbeitrag konstant halten zu wollen und auch das Renteneintrittsalter nicht zu erhöhen, würde laut Raffelhüschen in Bezug auf die Generationengerechtigkeit nicht funktionieren. Wenn nichts geändert würde, müssten zukünftige Generationen mit über 50 % an Sozialversicherungsbeiträgen rechnen.